Ich hatte meinen nördlichsten Ort am 23.5. erreicht, Klimpfjäll am 65. Breitengrad und weil die Nordstrecke noch wegen Schnee geschlossen war, umrundete ich den Vildmarksvägen noch von Süden aus in Richtung Gäddede. Eine schöne Stadt am See mit deutlichen Wintersportambitionen.
Also, der Rückweg begann und obwohl ich mir noch 14 Tage Zeit gab und noch viele überraschende Erlebnisse hatte, klang ein wehmütiger Abschied in jeder Entscheidung mit. Erst leise und kaum bewusst, doch mit abnehmender Entfernung von zu Hause tauchten andere Gedanken und Gewohnheiten auf, Gedanken an die Heimat, an Dinge die zu tun sind, an das Alltagsrauschen der Verpflichtungen, an den übervollen Briefkasten, an all die Krafträuber, die uns aussaugen, anstatt uns zu bereichern.
Einen letzten Sturm der Stille glückte mir im Björnlandet Nationalpark. Nach einer 15km langen Schotterpiste kam ich am Stellplatz an, den Park4Night empfahl: eine Feuerstelle, eine Trockentrenntoilette und viel Brennholz. Allein im Nichts, keine Menschen, keine Autos, noch nicht mal Elche durchbrachen die Stille. Mein Dutch Oven brodelte leise vor sich hin, bis das Fleisch gut war und die Kartoffeln und Zwiebeln butterweich meinen Gaumen erfreuten.
Nach einer ebenso menschenleeren, stimmigen Wanderung am nächsten Morgen durch den Nationalpark zog es mich nach Örnsköldsvik, eine Stadt mit Hafen am Meer, einem Stellplatz mit Pizzaservice und mit Geschäften, die mich nicht interessierten. Was braucht man, was braucht man nicht?
Die Pizza war sehr gut.
Mich zog es weiter zum Skulleskogen Nationalpark, einem felsigen Traum, phantastische Wanderwege, mal eng, mal steil, jedenfalls zwangen mich die Wege reuelos zur Umkehr, als Scheitern empfand ich das allerdings nicht.
Am Parkeingang waren die Stellplätze trotz Vorsaison inzwischen fast voll, kein Wunder, denn der Skulleskogen liegt nahe der E4, der touristischen Speedroute zum Nordcap.
Ich war zurück in der Welt.
Der Rückweg, sonst als lästiges Übel verpönt, weil die Richtung Richtung Heimat dir Vorgaben macht, war diesmal geprägt von einer Leichtigkeit, einer Offenheit im Erleben die mir Spaß machte. Es ging also, meiner frohen Neugierde folgend weiter, zunächst nach Lysekil, einer schönen Hafenstadt mit viktorianischer Prägung und endlich schärenhaften Landstrichen. (Freunde fragten mich ob ich schon Schären gesehen hatte).
Weiter, weiter, immer weiter. Zeit kann man nicht verlieren, man kann sie gewinnen, wenn man Reisender ist. Ich kam noch vorbei am Naturpark Örebro, später durch Varberg/Björkäng. Von dort ging es auf die Fähre von Helsingborg nach Helsingör, ich war wieder in Dänemark. In Hornboeck habe ich auf einem netten Stellplatz übernachtet, dort gibt es tatsächlich einen Hundewald ohne Leinenpflicht. Weiter ging es auf dem Weg in Richtung Heimat, immer mit einer Portion Erlebnishunger.
Wenn ich dies gerade schreibe, zwei Monate nach meiner Reise, spüre ich ihn wieder, den Rückwegsmagnet, den man wohl Heimat nennt.
Abschliessend zu dieser erlebnisreichen und als Gewinn erlebten Einsamkeit frage ich mich was Heimat für den Reisenden bedeutet? Heimat ist für den Reisenden kein fester Ort, sondern ein innerer Anker inmitten von Wegstrecken, Stille und Wandel. Sie zeigt sich als Sehnsucht und Antrieb: Ein wiederkehrender Gedanke, der trotz Freiheit und Abenteuer, Nähe und Ferne, an Verpflichtungen und an Alltagsrauschen haftet. Ein Gefühl von Verlust und Gewissheit zugleich: Heimat wird durch das Bewusstsein vermittelt, was man zurücklässt, aber auch durch das Vertrauen, dass man unterwegs mit sich selbst eine neue Heimat schafft.
Kurz gesagt: Für den Reisenden bedeutet Heimat eine innere Landkarte aus Erinnerungen, Verbindlichkeit, Sehnsucht und Neugierde, – ein Ort der Zuversicht und Orientierung, der ihn auf jedem Weg begleitet.